Liebe Annalena, lieber Robert,
vieles spricht dafür, dass sich die Pflegeheime absehbar zu den Hotspots der Corona-Pandemie entwickeln. Die meisten dort lebenden Bewohner*innen sind nicht nur alte, sondern auch mehrfacherkrankte Menschen. Die Beispiele aus Wolfsburg, Würzburg, Bochum verdeutlichen, wie groß die Gefährdung der Bewohner*innen dort ist und welche Entwicklungen uns bevorstehen könnten. Überall gibt es einen erheblichen Mangel an Schutzkleidung und Schutzmasken. Wir haben uns deshalb intensiv mit der Pflegesituation auseinander gesetzt und dazu einen eigenen Beitrag auf unserer Website veröffentlicht.
Andererseits werden in fast allen Bundesländern Vorgaben gemacht, die zum Teil in Richtung einer kollektiven Entmündigung von älteren Menschen gehen, gegen die wir uns mit Nachdruck aussprechen. Unter der Überschrift: „Wir müssen die Älteren schützen“, wird alles, was hilft, um möglichst lange aktiv, beweglich und in Kontakt zu bleiben, rigeros eingeschränkt. Alles, was in der modernen Altenpolitik als förderlich gilt, wird aktuell in das Gegenteil verkehrt. Was die Älteren selbst wollen, wird dagegen kaum gefragt und aus diesem Grund melden wir uns als Grüne Alte zu Wort. Mit der Risikofolgeabwägung haben wir uns bereits in unserem Beitrag vom 26. März 2020 auseinandergesetzt.
Seit einigen Tagen wird darüber diskutiert, manche Einschränkungen für die Mehrheit der Bevölkerung ab dem 20. April aufzuheben. Es wird aber auch laut darüber nachgedacht, die bisherigen Beschränkungen für ältere Menschen auf unbestimmte Zeit auszudehnen und zu verlängern. Bisher wurden noch viel zu wenig Stimmen darüber laut, welche nicht wieder rückholbaren Gesundheitsgefährdungen gerade für ältere Menschen entstehen, wenn ihre Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe für längere Zeit faktisch außer Kraft gesetzt werden.
Wir sorgen uns, dass Ideen aus der Schublade von Entscheidungsträger*innen geholt werden, die auf eine Zwangsquarantäne von allen älteren Menschen hinauslaufen, die zugleich als vermutliche Risikopersonen identifiziert werden. Prof. Johannes Pantel, Gerontopsychiater und Altersmediziner an der Universität Frankfurt, hat darüber in einem Interview mit dem Spiegel vom 02.04.2020 gesprochen.
Wir sind sehr dafür, dass Risikogruppen geschützt werden und versucht wird, die Infizierung zu beschränken. Wir sind aber strikt dagegen, dass alle Errungenschaften, die mit Selbstbestimmung insbesondere im Alter, Wahrnehmung von Grund- und Freiheitsrechten über Bord geworfen werden. Selbstverständlich unterstützen wir auch die grüne Forderung, dass die Beschäftigten in den Pflegeberufen schnellstmöglich mehr Geld erhalten.
Die momentane Lage erinnert doch allzu sehr an frühere heftige Diskussionen zur Notstandsgesetzgebung, gegen die wir uns schon damals vehement zur Wehr gesetzt haben.
In diesem Sinne fordern wir Euch auf als politische Entscheidungsträger*innen, darüber nachzudenken, in welcher Gesellschaft wir Generationsübergreifend weiterhin gemeinsam leben wollen.
Mit grünen Grüßen
Antonia Schwarz
Gerd Baumer
Sprecherin/Sprecher GRÜNE ALTE Bundesverband
Bundesvorstand
www.gruenealte.de
030 8217603 oder 0179 4757427