
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker erzählte, dass das weltoffene und tolerante Köln bisher 13.500 Flüchtlinge untergebracht habe
Bei unserer Diskussion für eine grüne Vision vom Zusammenleben im Jahr 2030 hatte unser Hamburger LaVo auch Loring Sittler eingeladen vom Generali Zukunftsfond. Jetzt hat er sich revanchiert und ich durfte als Vertreterin der Grünen Alten nach Köln fahren, um am Generali Zukunftssymposium teilnehmen zu können. Und das hat sich wirklich gelohnt!
Zwei Tage wurde über Solidarität vor Ort, Selbst- und Mitverantwortung und den Generationen-Konflikt diskutiert. Neben Promis wie Henriette Reker, Oberbürgermeisterin von Köln und Prof. Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie in Heidelberg waren vor allem Menschen aus der Praxis eingeladen.

Prof. Andreas Kruse aus Heidelberg (links) und Christoph Zeckra von Generali aus Köln (rechts)
Christoph Zeckra, Gesamtverantwortlicher des Generali Zukunftsfonds, beschrieb zunächst die zunehmende Spaltung in der Gesellschaft. Die Mittelschicht habe Angst vor dem Abstieg, das Misstrauen gegenüber etablierten Medien würde wachsen – genauso wie gegenüber der etablierten Demokratie. Statt von Überalterung sprach er von Unterjüngung, die man nicht ändern könne – aber durchaus die Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die kurzartige Denke in Wahlperioden schade bei der Diskussion. „Wir müssen lernen mit Verknappung umzugehen, nicht mehr mit Überfluss.“ Der Ex-Verfassungsrichter Professor Udo di Fabio ergänzte, dass der Staat so viele Einnahmen wie nie zuvor habe und trotzdem gäbe es keinen Zukunftsglauben.

Es liefen auch nebenher viele gute Gespräche, z.B. mit den Vertreterinnen der Seniorengemeinschaft Kronach (rechts) oder Prof. Margot Sieger von der Hochschule für Gesundheit in Gera
Werner Klöckner, Bürgermeister der Gesamtgemeinde Daun, hat die Erfahrung gemacht, dass man Menschen vor allem über Gefühle erreichen könne. Er macht deshalb regelmäßig Exkursionen zu den politischen Brennpunkten in seiner Gemeinde und organisiert Zukunftskonferenzen in den Dörfern, an denen Menschen zwischen 8 und 85 teilnehmen. Sein Ziel: Sorgende Gemeinschaften, generationenübergreifendes Miteinander, Caring Communities.
Immer wieder wurde kritisiert, dass Bürger*innen in vielen Bereichen die Verantwortung für das Miteinander abgegeben hätten und diese Rolle dem Staat überlassen wollten. Ex-Familienministerin Professorin Lehr mahnte, dass Verantwortung nur gelernt werden könne, wenn man sie vorher übertragen bekomme. Sie wünschte sich eine Gemeinwohl-Ökonomie mit Gütesiegel – ein heiß diskutiertes Thema in den USA, wie sie sagte.
Henriette Reker setzt in Köln auf Stadtgespräche, um Bürger*innen als Expert*innen zu hören, im direkten Gespräch.

Dr. Wolfgang Gründinger war eingeladen, um ein wenig zu provozieren – was er auch gern getan hat
Weniger gefallen haben mir ehrlich gesagt die Thesen von Dr. Wolfgang Gründinger, der sich selbst als Zukunftslobbyist, Generationen-Erklärer und Sozialdemokrat bezeichnet und ein Buch geschrieben hat, das „Alte-Säcke-Politik“ heißt. Trotz des vielversprechenden Titels kamen dann nur Schwarz-Weiß-Malereien und Generationen-Kampf. Die Grauhaarigen säßen an der Macht, materiell abgesichert, gesund und fit und würden sich nur um ihre eigenen Interessen kümmern und nicht um die der jüngeren Generationen. Außerdem wünscht er sich die Abschaffung des Mindestalters bei Wahlen und schlug vor, dass immer dann, wenn es um die Zukunft unserer Kinder ginge, auch Kinder mit am Verhandlungstisch sitzen sollten. Für mich eine der wenigen Ideen von ihm, über deren Umsetzung man nachdenken sollte.Prof. Kruse bezeichnete diese Diskussion um den Generationenkonflikt als „Engführung“, wir sollten stattdessen die Interessen von Jung und Alt zusammenführen, um etwas Höheres entstehen zu lassen, und endlich generell viel mehr ins Gemeinwohl investieren.
Gerade hat er eine Studie gemacht mit Hochbetagten und jungen Menschen. Für die Älteren sei es sehr schön, wenn sie etwas weitergeben könnten an die Jungen, dann könnten sie auch mit dem Tod besser umgehen – auch wenn die Angst davor mit zunehmendem Alter nicht kleiner würde. Und die Jüngeren hatten tatsächlich das Gefühl, an den Erlebnissen der Älteren teilhaben zu können, was sie als sehr bereichernd empfanden.
Susanna Fassbind, Mitgründerin des schweizer Vereins KISS (keep it small and simple, verwaltet Zeitguthaben) hilft anderen, Seniorengenossenschaften zu organisieren und liefert dafür u.a. gratis Webseiten.
Loring Sittler stellte zum Abschluss fest, dass gesundes Älterwerden ohne Frieden und ein gut funktionierendes Gesundheitssystem nicht möglich sei, dass 15% der Älteren schon jetzt über die Altersgrenze hinaus arbeiten würden – und dass das auch der beste Weg sei, die Renten langfristig zu finanzieren. Ein wünschte sich, dass die Menschen vor Ort anfingen, ihr Leben zu gestalten. Der Staat müsse lediglich die Rahmenbedingungen dafür schaffen.Zum Schluss flossen doch noch Tränen, Loring Sittler geht in den Ruhestand. Wird aber weiter aktiv sein – und würde auch zu uns nach Hamburg kommen, um an Diskussionsrunden teilzunehmen. Und er hat viel zu sagen!
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