Vernetzt oder abgehängt?

Text von Gerd Baumer, Baden-Württemberg
Vor­stands­mit­glied der grü­nen Alten, Gerd Bau­mer nutzt Face­book, Whats­App Grup­pen, unse­re Home­page und ist regel­mä­ßig online unterwegs

Digi­ta­li­sie­rung kann eine Chan­ce für ein selbst­be­stimm­tes Leben im Alter sein

Zur Zeit betrei­ben nur 25% der über 60 Jah­re alten Men­schen media­le Internetnutzung.

Exper­ten, wie z. B. Prof. Kru­se aus Hei­del­berg, berich­ten von posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen auf die kogni­ti­ven Fähig­kei­ten von Senio­ren bei regel­mä­ßi­ger Inter­net­nut­zung. Neu­ro­na­le Netz­wer­ke wer­den hier­bei gebil­det um die Plas­ti­zi­tät zu för­dern. Die Des­oxy­ri­bo­nu­kle­in­säu­re wird auf­ge­frischt und bis­wei­len sogar neu gebil­det. Neben­bei sieht Kru­se auch gute Chan­cen für zukünf­ti­gen Aus­bau der Tele­me­di­zin durch die Digitalisierung.

Die Par­ti­zi­pa­ti­on an gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen bleibt durch digi­ta­le Medi­en erhal­ten und wird sogar aus­ge­baut. Hier­bei bie­ten sich Kohor­ten Bil­dun­gen unter­schied­li­cher Alters­grup­pen an. Die medi­en­ge­stütz­te Kom­mu­ni­ka­ti­on von „Face to Face“ soll­te aber beglei­tet wer­den und Bil­dung- u. Milieu­un­ter­schie­de soll­ten dabei eben­falls berück­sich­tigt wer­den. Prof. Kru­se zitiert aus dem Ethik­rat, dass die­ser sich auch mit „Big Data“ beschäf­tigtund dass ins­be­son­de­re älte­re Nut­zer ein Gefühl für Daten­si­cher­heit ent­wi­ckeln soll­ten. Selbst­ver­ständ­lich ist, dass die Daten­au­to­no­mie gewähr­leis­tet blei­ben muss.

Vor­sor­ge­leis­tun­gen zur digi­ta­len Medi­en­nut­zung von Kom­mu­nen müs­sen der­ar­ti­ge Ent­wick­lun­gen beglei­ten und als zen­tra­les Ele­ment der Daseins­vor­sor­ge inner­halb der Kom­mu­nen ver­stan­den wer­den. Wir brau­chen einen Dis­kurs dar­über, dass Zugang und Nut­zungs­mög­lich­keit in Städ­ten auch als Dienst­leis­tung gese­hen wird. Das Bür­ger­schaft­li­che Enga­ge­ment in die­sem Bereich wird aus­ge­baut wer­den müs­sen. Die Medi­en­kom­pe­tenz der Mul­ti­pli­ka­to­ren wird dabei zuneh­mend eine zen­tra­le Rol­le spie­len. Die Rol­le von Kreis- und Stadt­se­nio­ren­rä­ten ist dabei unver­zicht­bar. Kru­se berich­tet aller­dings, dass ihm die stei­gen­de Anzahl von Hoch­be­tag­ten bei die­ser The­ma­tik Sor­gen bereiten.

Die Stadt Ess­lin­gen am Neckar hat Bür­ger­men­to­ren aus allen Alters­grup­pen und ver­schie­de­nen Natio­na­li­tä­ten zur För­de­rung von Medi­en­kom­pe­tenz bestellt. Das vir­tu­el­le Rat­haus in die­ser Kom­mu­ne hat elf PC- Stand­or­te inner­halb der Ver­wal­tung für alle Bür­ger zugäng­lich gemacht und ins­ge­samt zwan­zig Stand­or­te an öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen wur­den ein­ge­rich­tet, um ein Modell für lebens­lan­ges Ler­nen auf brei­ter öffent­li­cher Ebe­ne zu for­cie­ren. Dass die Medi­en­kom­pe­tenz in Zukunft in den Kom­mu­nen eine beson­de­re Rol­le spie­len wird, davon ist man in Ess­lin­gen über­zeugt. Vie­le Mail­adres­sen sind in Ess­lin­gen ver­wal­tungs­in­tern gespei­chert und monat­lich wer­den the­men­be­zo­ge­ne „digi­tal­e­Stamm­ti­sche“ dort ange­bo­ten. 2012 erhielt Ess­lin­gen bun­des­wei­te Aner­ken­nung zum­The­ma: „ Inter­net ist kei­ne Fra­ge des Alters“

Auch inter­na­tio­na­le Ver­net­zung funk­tio­niert bes­tens – viel­leicht nicht gleich mit Mr. Obama

Aus Kirch­heim wird von einem Pro­jekt „SONIA“ berich­tet. Hier­bei han­delt es sich um sozia­le Teil­ha­be älte­rer Men­schen an einem media­len Quar­tiers­ma­nage­ment­kon­zept mit dem Namen: „wir­rau­ner“, einer Quar­tiers – App zur inten­si­ve­ren Kom­mu­ni­ka­ti­on auf die­ser Ebene.

Prof. Becker, Chef der Ger­ia­trie im Robert Bosch Kran­ken­haus in Stutt­gart, berich­tet von der­zeit noch nicht vor­han­de­ner Digi­ta­li­sie­rung in Pfle­ge­hei­men. Becker berich­tet von einem Alten­zen­trum in Gra­fen­au, in der zum Test ca. 100 Digi­ta­li­sie­rungs­pro­jek­te durch­ge­führt wur­den, von denen 90% nicht wei­ter­ge­führt wur­den. Die meis­ten Mit­ar­bei­ter sol­cher Ein­rich­tun­gen haben kei­nen Zugang zu digi­ta­len Entwicklungen.

Mög­lich wären jedoch schon jetzt digi­ta­le Pati­en­ten­ak­ten, Arz­nei­ver­sor­gung, coidenz­ba­sier­te Pfle­ge und Pfle­ge­ro­bo­tik. Ergo­the­ra­peu­ten wären nach Auf­fas­sung von Prof. Becker die„geborene“ Berufs­grup­pe als Mul­ti­pli­ka­to­ren von Medi­en­kom­pe­ten­zen. Der­zeit ist digi­ta­les ver­netz­tes Leben im Alter nur von „akti­ven Alten“ erkenn­bar und kon­zen­triert sich auf die„jungen Alten“. Hier muss Inno­va­ti­on als Par­ti­zi­pa­ti­on ver­stan­den werden.

80% aller betrof­fe­nen Älte­ren wol­len solan­ge als mög­lich in den „eige­nen vier Wänden“bleiben. Bei­spie­le wie das „Lebens-Pha­sen-Haus“ der Fir­ma Schwö­rer in Tübin­gen (immer frei­tags für die Öffent­lich­keit zur Ver­fü­gung. Sie­he: www.Lebens-Phasen-Haus.de, Besich­ti­gun­gen sind auch nach Ver­ein­ba­rung an ande­ren Tagen mög­lich, oder die Mus­ter­woh­nung des KVJS in Stuttgart.

In unse­rem Bun­des­land gibt es ein For­schungs­pro­jekt mit 5 Jah­ren Lauf­zeit, bei dem es um die Stär­kung der sozia­len u. digi­ta­len Teil­ha­be für Älte­re und ins­be­son­de­re uner­fah­re­ne Men­schen geht. Ziel die­ses Pro­jek­tes ist die Medi­en­kom­pe­tenz­för­de­rung. Die gut vor­han­de­nen ehren­amt­li­chen Struk­tu­ren in BW sol­len hier­bei von Nut­zen sein. Aus­zug Koali­ti­ons­ver­trag: „Senio­ren sind ein Gewinn fürs Land“, Ihre Erfah­run­gen gilt es zu nut­zen, damit die Gesell­schaft wech­sel­sei­tig pro­fi­tie­ren kann. Digi­ta­li­sie­rung als Gestal­tungs­auf­ga­be, die Wirt­schaft, Poli­tik und Gesell­schaft glei­cher­ma­ßen for­dert. Die Chan­cen des digi­ta­len Wan­dels ste­hen im Vor­der­grund und Risi­ken sol­len nicht aus­ge­blen­det wer­den. Digi­ta­li­sie­rung soll zum Inno­va­tions- u. Nach­hal­tig­keits­mo­tor wer­den, aller­dings kommt in der­Ko­al­ti­ons­ver­ein­ba­rung zum The­ma „Quer­schnitts­auf­ga­be Senio­ren­po­li­tik“ der Begriff­Di­gi­ta­li­sie­rung gar nicht vor.

Medi­en zum The­ma Digi­ta­li­sie­rung im Alter:

  •   Neue Medi­en und Mobi­les Ler­nen (Bünd­nis für Lebens­lan­ges Lernen)
    Weg­wei­ser durch die Digi­ta­le Welt für Älte­re Bürger*innen (BAGSO Publi­ka­ti­on Nr. 33)
  •   Älte­re Men­schen in Deutsch­land und der EU (sta­tis­ti­sches Bundesamt)
  •   Senio­ren Medi­en­men­to­ren Pro­gramm (Lan­des­me­di­en­zen­trum BW)
  •   Sil­ver Sur­fer – Sicher Online im Alter (Ver­brau­cher­zen­tra­le Rhein­land Pfalz)
  •   Digi­tal-Kom­pass – Ein Por­tal für alle, die älte­re Men­schen ins und im Netz beglei­ten (BAGSO Deutsch­land sicher im Netz )
  •   Smart­phones und Tablets – Was man/frau wis­sen soll­te (Ver­brau­cher­zen­tra­le BW)
  •   Pass­wort ver­ges­sen (Ver­brau­cher­zen­tra­le BW)
  •   Zu alt für das Inter­net? („im Blick“ 4. Quar­tal 2016, Info des LSR BW)

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