Grüne Sprechstunde in Hamburg

Das Podi­ums-Team: Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Maria Klein-Schmeink, Ham­bur­ger Bür­ger­schafts­ab­ge­ord­ne­te Chris­tia­ne Blö­me­ke, Frank Liedt­ke von der Barmer

 

Das Podi­um war mit der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten und gesund­heits­po­li­ti­schen Spre­che­rin Maria Klein-Schmeink, unse­rer Ham­bur­ger Bür­ger­schafts­ab­ge­ord­ne­ten Chris­tia­ne Blö­me­ke und dem Lan­des­ge­schäfts­füh­rer der Bar­mer hoch­ka­rä­tig besetzt, die Ohlendorff’sche Vil­la im Bezirk Wands­bek bes­tens prä­pa­riert: Alle Tische waren zur Sei­te geräumt, die Stüh­le grup­pier­ten sich im Halb­kreis um unse­re Wahl­kampf­steh­ti­sche, fri­sche Blu­men steck­ten in den mit­ge­brach­ten Vasen, im Emp­fangs­raum lagen Fly­er und But­tons aus und Was­ser und Glä­ser stan­den bereit. Die Wands­be­ker Grü­nen hat­ten zur grü­nen Sprech­stun­de gela­den und woll­te gern in einer offe­nen Dis­kus­si­ons­run­de wich­ti­ge gesund­heits­po­li­ti­sche The­men anspre­chen wie z.B.: Was für eine Gesund­heits­ver­sor­gung brau­chen wir? Wofür steht grü­neGesund­heits­po­li­tik – in Ham­burg und im Bund? Was hilft uns eigent­lich dabei, gesund zu blei­ben? Und was hat das Prä­ven­ti­ons­ge­setz bis­her gebracht? Mit wel­chen Kom­pe­ten­zen kom­men die Patient*innen in das Gesund­heits­sys­tem und wie ist das Sys­tem dar­auf ein­ge­stellt? Wie kann man Patient*innen in ihrer Gesund­heits­kom­pe­tenz stär­ken und die Pro­fes­sio­nel­len bes­ser für den Pati­en­ten­kon­takt schu­len und aus­rüs­ten? Wie kön­nen wir die Fach­kräf­te­ge­win­nung im Gesund­heits­be­reich stärken?

Ca. 25 Gäs­te waren gekom­men, um über unser Gesund­heits­sys­tem zu diskutieren

 

Maria Klein-Schmeink erklär­te gleich zu Beginn, dass Deutsch­land zwar welt­weit an 5. Stel­le mit den Aus­ga­ben für unser Gesund­heits­sys­tem liegt – aber lei­der wür­de viel zu wenig bei den Men­schen ankom­men. Pati­en­ten wür­den sich im Dschun­gel der Mög­lich­kei­ten oft nur schwer zurecht fin­den. Gin­ge es einem rich­tig schlecht, brau­che man meist Ange­hö­ri­ge, die laut For­de­run­gen stellten.

Unser Sys­tem sei zu ärz­te­läs­tig, Pfle­ge­kräf­te wür­den zuwe­nig ein­ge­bun­den. Das sei in Skan­di­na­vi­en ganz anders. Prä­ven­ti­on und Reha, bei­des müs­se vor der Pfle­ge ste­hen. Das wäre auch viel preiswerter.

Chris­tia­ne stell­te fest, dass wir in Ham­burg natür­lich viel bes­ser dastün­den als Flä­chen­län­der. Im Prin­zip sind wir als Regi­on gese­hen sogar über­ver­sorgt. Aller­dings nur theo­re­tisch, prak­tisch sähe das meist anders aus. Da gäbe es einen Auf­nah­me­stopp bei Kin­der­ärz­ten z.B. im Stadt­teil Volks­dorf. Oft ver­ste­hen die Patient*innen auch gar nicht, was die Ärz­te sagen. Gut sei des­halb ein Modell wie der Gesund­heits­ki­osk im Stadt­teil Bill­stedt, wo medi­zi­nisch aus­ge­bil­de­tes Per­so­nal kos­ten­los berät und den wir für alle Stadt­tei­le bräuch­ten, genau­so wie Nach­bar­schafts­struk­tu­ren. Und wich­tig sei gene­rell Prä­ven­ti­on, z.B. die Fit­nesss-Akti­on „Mach mit, bleib fit“.

Fly­er und But­tons lagen bereit zum Mitnehmen…

 

Auch Frank Liedt­ke beklag­te, dass man auf einen Fach­arzt meist 6 bis 12 Wochen war­ten müs­se und in der Zwi­schen­zeit kei­ner fragt, wie es einem geht. In sei­nen Augen dau­ert alles so lan­ge, weil wir kei­ne ver­netz­ten Struk­tu­ren hät­ten, son­dern jeder nur für sei­nen Sek­tor den­ken wür­de. „Ich brau­che ein Sys­tem, das ver­netzt denkt und han­delt. Wir wer­den die Koh­le, die wir haben, oft gar nicht los.“ Für gute Kon­zep­te sei Luft da. Maria hat­te aller­dings den Ein­druck, dass man von guten Kon­zep­ten immer mehr weg­kom­me, dass alles im Sys­tem zuneh­mend schlan­ker würde.

Das läge dar­an, so Liedt­ke, dass jun­ge Leu­te mit 25 schau­en müss­ten, wo fin­de ich eine gute Kas­se, für die ich nicht so viel bezah­len muss. In dem Alter wür­de man Ärz­te eben in der Regel noch nicht wirk­lich brauchen.

Die Dis­kus­si­on wur­de dann rich­tig leben­dig, Linus Jüne­mann von der Grü­nen Jugend, der selbst im Pfle­ge­be­reich arbei­tet, hat zwar viel über Prä­ven­ti­on gelernt, aber kei­ne Zeit, das Gelern­te anzu­wen­den. Ande­re kri­ti­sier­ten, dass der Pfle­ge­be­ruf viel zu unat­trak­tiv sei, und es gäbe nicht mal eine eige­ne Gewerk­schaft, vie­le stör­ten sich an der Pri­va­ti­sie­rung der Krankenhäuser.

Auch Chris­tia­ne bedau­er­te, dass dem Senat und der Bür­ger­schaft nach dem Ver­kauf der Kran­ken­häu­ser durch den CDU Senat im Jahr 2005 die Ein­fluss­mög­lich­kei­ten auf die nun­mehr pri­va­ti­sier­ten Kran­ken­häu­ser genom­men wur­de.  Erschwe­rend kommt hin­zu, dass vor eini­gen Jah­ren auf Bun­des­ebe­ne soge­nann­te Fall­pau­scha­len für Krank­heits­bil­der ein­ge­führt wur­den und dadurch die Behand­lun­gen von Kran­ken­haus­füh­run­gen eher wirt­schaft­lich statt medi­zi­nisch gedacht werden.

So ist bei­spiels­wei­se eine natür­li­che Geburt von 15 Stun­den für Geburts­hil­fe­sta­tio­nen viel auf­wän­di­ger und teu­rer als ein Kai­ser­schnitt. Die Fol­gen sind gestie­ge­ne Kaiserschnittraten.

In Pfle­ge­hei­me kom­men weder Phy­sio­the­ra­peu­ten noch Psy­cho­the­ra­peu­ten. Dabei müss­ten älte­re Men­schen mobil bleiben.

…und es stand kna­cki­ges Obst bereit

Maria ergänz­te, dass die Ver­dich­tung der Arbeit stän­dig zuge­nom­men habe seit 10 Jah­ren, die Arzt­ho­no­ra­re sei­en kon­ti­nu­ier­lich ange­passt wor­den, die Gehäl­ter der Pfle­ge­be­ru­fe dage­gen nicht. Zur Zeit fehl­ten 5 Mil­li­ar­den für Pfle­ge­kräf­te. Kran­ken­häu­ser hät­ten lie­ber Ärz­te als Pfle­ge­kräf­te ein­ge­stellt, letz­te­re fehl­ten jetzt. Da es zu einer Hal­bie­rung der Auf­ent­halts­dau­er gekom­men sei, sei­en die weni­gen Pfle­ge­kräf­te stän­dig gefor­dert, weil sie fast nur noch für sehr kran­ke Men­schen zustän­dig seien.

Das Pro­blem: Die gan­ze Situa­ti­on geht zu Las­ten der Alterspflege.

Nach zwei Stun­den leb­haf­tes­ten Aus­tau­sches waren sich alle einig: Es gibt noch so viel zu dis­ku­tie­ren, es hät­te eigent­lich eine Fort­set­zung zum The­ma geben müs­sen. Zumal heu­te Feri­en­an­fang war und nur etwa 22 Gäs­te den Weg zur O‑Villa gefun­den hatten.

Des­halb schon mal ein klei­ner Hin­weis: Am Mon­tag, den 8. April geht es auf dem Cam­pus Uhlen­horst um die Dis­kus­si­on von neu­en Pfle­ge­kon­zep­ten. Ein Ver­tre­ter des nie­der­län­di­schen ambu­lan­ten Pfle­ge-Modells Buurtz­org (=Nach­bar­schafts­hil­fe) wird erzäh­len, was die Hol­län­der bes­ser machen und wie man das Kon­zept auch bei uns in Deutsch­land umset­zen kann. Nach dem Vor­bild der Gemein­de­schwes­tern gibt es dort einen Non-Pro­fit-Pfle­ge­dienst mit einer moder­nen Struk­tur, die Kos­ten spart, auf Hier­ar­chien ver­zich­tet und mit dem alle Betei­lig­ten höchst zufrie­den sind. Ver­an­stal­tung von Grü­ne 60plus, 8.4., 17.30 mit anschlie­ßen­dem Come tog­e­ther für Fra­gen und Gespräche.

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