Dringlichkeitssitzung der Fach­kommis­sion Gesundheit und Pflege zu den Covid‑19-Impfungen vom 15.01.2021

Die Fach­kom­mis­si­on Gesund­heit und Pfle­ge der BAGSO hat zu einer kurz­fris­tig anbe­raum­ten Video­kon­fe­renz zu den Covid-19-Imp­fun­gen digi­tal ein­ge­la­den. Beson­ders wert­voll an die­sem Aus­tausch war die hoch­wer­ti­ge Zusam­men­set­zung in die­sem Gre­mi­um. Die Mit­glie­der kom­men aus unter­schied­li­chen beruf­li­chen Kon­tex­ten und vor allem aus unter­schied­li­chen Regio­nen Deutsch­lands. Ange­sichts der beängs­ti­gen­den Neu­an­ste­ckungs­ra­ten durch das Coro­na-Virus bekommt die Impf­stra­te­gie der Bun­des­län­der eine über­ra­gen­de Bedeutung.

Das lässt sich auch an der Sta­tis­tik des RKI zum Impf­mo­ni­to­ring (EXEL-Tabel­le), geglie­dert nach Bun­des­län­dern gut nachvollziehen.

Eini­ge Bun­des­län­der wie ins­be­son­de­re Bay­ern, Nie­der­sach­sen oder Hes­sen, Sach­sen, Bran­den­burg und NRW schei­nen sich im Rah­men ihrer Umset­zungs­zu­stän­dig­keit als Land dafür ent­schie­den zu haben, ins­be­son­de­re die beruf­lich gefähr­de­ten Beschäf­tig­ten, die bei der Betreu­ung und Ver­sor­gung von Coro­­na-Infi­­zier­­ten einer hohen Anste­ckungs­ge­fahr aus­ge­setzt sind, bevor­zugt zu impfen.

Die Imp­fung von Men­schen auf­grund ihres Alters oder als Bewohner*innen von Pfle­ge­hei­men ist in Bran­den­burg, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Thü­rin­gen und Sach­sen noch sehr gering.

Deutsch­land­weit erhiel­ten bis zum 15.01.2021 ins­ge­samt knapp 1,05 Mil­lio­nen Men­schen den noch immer knap­pen Coro­na-Impf­stoff:
49,1 % Men­schen mit einer beruf­li­chen Indi­ka­ti­on,
34,9 % Pflegeheimbewohner*innen
24,4 % allei­ne auf­grund ihres Alters
  3,3 % Men­schen mit einer bedeut­sa­men Vor­er­kran­kung.
Aktu­el­ler Impf­sta­tus sie­he www.impfdashboard.de (in der Sum­me führt die­se Sta­tis­tik zu einem Ergeb­nis von über 100 Pro­zent, weil es zwi­schen den ein­zel­nen Kate­go­rien Über­schnei­dun­gen gibt).

Im Aus­tausch der Fach­kom­mis­si­on wur­den vor allem die Unter­punk­te Prio­ri­sie­rung nach der Coro­na-Impf­ver­ord­nung, die Impf­auf­klä­rung und Hin- und Rück­fahrt zu den Impf­zen­tren beson­ders lei­den­schaft­lich diskutiert.

Reihenfolge der Impfungen korrigieren (Priorisierung)

Vie­le Diskutant*innen spra­chen sich dafür aus, die Rei­hen­fol­ge der Prio­ri­tä­ten nach der Coro­na-Impf­ver­ord­nung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums zu ver­än­dern (PDF-Datei).  

Im Vor­feld der Covid-19-Imp­fun­gen war immer die Rede davon, dass bei der Rei­hen­fol­ge der Imp­fun­gen Vor­er­kran­kun­gen eine ent­schei­den­de Rol­le spie­len sol­len. Bei dem Stu­fen­plan für die Impf­rei­hen­fol­ge wer­den die meis­ten Vor­er­kran­kun­gen aber erst berück­sich­tigt, wenn auch die Alters­ko­hor­te der älte­ren Men­schen, die 70 Jah­re und älter sind, dran sind. Vor­er­kran­kun­gen wie z. B.  Krebs, Asth­ma, Schlag­an­fäl­le wer­den sogar erst im Zusam­men­hang der Alters­grup­pe nach Voll­endung des 60. Lebens­jahrs ein­ge­plant.  Da vie­le die­ser Erkran­kun­gen mit schwers­ten Behin­de­run­gen ein­her­ge­hen, sind vie­le Mit­glie­der der Fach­kom­mis­si­on der Mei­nung, dass die Rei­hen­fol­ge der Prio­ri­tä­ten drin­gend geän­dert wer­den muss. Bereits bestehen­de Ein­schrän­kun­gen, die in Rich­tung einer Schwer­be­hin­de­rung gehen, soll­ten akzen­tu­ier­ter bedacht werden.

Impfaufklärung und Impfung besonderer Berufsgruppen

Bis­her hat die Bun­des­re­gie­rung immer wie­der betont, dass die Coro­na-Schutz­imp­fung auf frei­wil­li­ger Basis erfol­gen soll. Umso erstaun­li­cher ist der Vor­stoß des Minis­ter­prä­si­den­ten von Bay­ern, Mar­kus Söder, der am 12. Janu­ar eine Impf­pflicht spe­zi­ell für Pfle­ge­kräf­te in Alten- und Pfle­ge­hei­men ein­for­der­te, weil er eine zu gerin­ge Impf­be­reit­schaft der Beschäf­tig­ten in Hei­men zu iden­ti­fi­zie­ren glaub­te. Die­ser Vor­stoß führ­te zu erheb­li­cher Kri­tik. Vie­le Kommentator*innen bemän­gel­ten vor allem die Unzeit der Debat­te. Denn im Moment gibt es immer noch viel zu wenig Impf­stof­fe gegen Covid-19. Für die Akzep­tanz des Imp­fens als wich­ti­ger Teil der Bekämp­fung der Coro­na-Pan­de­mie wäre es höchst schäd­lich, nun für ein­zel­ne Berufs­grup­pen einen Impf­zwang ein­füh­ren zu wol­len. Kri­ti­siert wur­de hin­ge­gen, dass es noch kei­ne guten, ver­ständ­li­chen Infor­ma­tio­nen zu den zuge­las­se­nen Impf­stof­fen geben würde. 

Die Auf­klä­rung zu den Impf­stof­fen ist eine klas­si­sche Auf­ga­be der Bun­des­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Auf­klä­rung (BZgA). Auf deren Home­page gibt es zwar bereits Infor­ma­tio­nen, benö­tigt wer­den aber auch mehr trans­pa­ren­te Infor­ma­tio­nen zu den Impf­stof­fen in ein­fa­cher Spra­che. Eine frei­wil­li­ge Imp­fung ist nur auf Basis einer infor­mier­ten Ent­schei­dung mög­lich. Vie­le Beschäf­tig­te von Pfle­ge­hei­men hegen offen­bar die Sor­ge, dass sie „Ver­suchs­ka­nin­chen“ sei­en, ins­be­son­de­re weil die Impf­stof­fe unge­wöhn­lich schnell ent­wi­ckelt und ver­füg­bar gemacht wur­den. Vor­ge­schla­gen wur­den für klein­räu­mi­ge Regio­nen Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gnen zu den Imp­fun­gen als Auf­ga­be, die durch die Kom­mu­nen trans­por­tiert wer­den und bspw. als Post­wurf­sen­dung allen Haus­hal­ten zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Denk­bar wären auch Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen in Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­häu­sern und die Über­tra­gung im Regio­nal­fern­se­hen. Von der Ver­tre­te­rin des Gewerk­schafts­bun­des wur­de gefor­dert, dass die­je­ni­gen, die einen Impf­ter­min erhal­ten, dafür für zwei Tage frei­ge­stellt wer­den sol­len, sie begrün­det dies mit der Schwie­rig­keit etwa bei Schicht­ar­beit den Arbeits­platz für das Imp­fen ver­las­sen zu kön­nen. Die­se For­de­rung lös­te kon­tro­ver­se Debat­ten aus, ob dies ange­mes­sen sei. Ein Kom­pro­miss wäre aus unse­rer Sicht eine Frei­stel­lung am Impf­tag selbst.

Hin- und Rückfahrt zu den Impfzentren

Die Her­aus­for­de­run­gen sind unter­schied­lich groß, je nach­dem, ob die Impf­be­rech­tig­ten in einer Stadt oder in einem Flä­chen­land geimpft wer­den sol­len. In Nie­der­sach­sen soll die Ter­min­ver­ga­be für Men­schen über 80 Jah­re ab dem 28. Janu­ar 2021 begin­nen, sofern sie noch in der eige­nen Häus­lich­keit leben. Es wird berich­tet, das Nie­der­säch­si­sche Sozi­al­mi­nis­te­ri­um for­de­re die Ange­hö­ri­gen auf, die Impf­be­rech­tig­ten mit dem Auto zu den Impf­zen­tren zu beglei­ten. Hoch­be­tag­ten, die „gesund­heits­be­dingt auf einen Ein­zel­trans­port ins Impf­zen­trum ange­wie­sen sind, (wird emp­foh­len) mit Ihrem Haus­arzt (zu spre­chen) und (…) sich eine Trans­port­be­schei­ni­gung geben (zu las­sen). (Emp­foh­len wird außer­dem):  Rufen Sie Ihre Kran­ken­kas­se an, um zu klä­ren, ob die Kos­ten von Ihrer Kran­ken­kas­se über­nom­men wer­den. Das Land steht dazu in Gesprä­chen mit der Bun­des­re­gie­rung und den Kran­ken­kas­sen. Eini­ge gro­ße Kas­sen haben bereits ihre Bereit­schaft signa­li­siert.“  Die Hoch­be­tag­ten sol­len die Kos­ten dafür zunächst selbst tra­gen und sich anschlie­ßend erstat­ten lassen.

In Ber­lin hin­ge­gen sind die­je­ni­gen, die der­zeit als 90-Jäh­ri­ge oder 80-Jäh­ri­ge zum Impf­ter­min ein­ge­la­den wer­den, berech­tigt ein Taxi zu benut­zen. Zwi­schen dem Deut­schen Roten Kreuz, der Senats­ver­wal­tung für Gesund­heit und der Taxi-Innung sind Ver­trä­ge ver­ein­bart wor­den. Wer einen Ter­min im Impf­zen­trum hat und zu der Imp­fung ein­ge­la­den wor­den ist, kann tele­fo­nisch einen unent­gelt­li­chen Taxi­trans­fer buchen.

Die Mit­glie­der der Fach­kom­mis­si­on waren sich dar­in einig, dass den Bürger*innen zuge­hen­de Ange­bo­te gemacht wer­den sol­len, die eine Ent­schei­dung für das Imp­fen erleich­tert und ihnen sou­ve­rä­ne Mög­lich­kei­ten gibt, eine bewuss­te Ent­schei­dung zu tref­fen. Über aus­rei­chend besetz­te Hot­lines müs­sen Bürger*innen die Mög­lich­keit erhal­ten, sich mit Fra­gen dort­hin wen­den zu können.

Imp­fen in Pfle­ge­hei­men: In vie­len Bun­des­län­dern wur­de bis­her über­wie­gend durch mobi­le Impf­teams in Pfle­ge­hei­men geimpft. In Ber­lin gibt es ergän­zend zu den Pfle­ge­hei­men ins­ge­samt über 900 Pfle­ge-Wohn­ge­mein­schaf­ten für ca. 7.000 Men­schen, die an einer Demenz erkrankt sind. Inzwi­schen ist geklärt, dass auch die Bewohner*innen die­ser WGs durch mobi­le Impf­teams ihre Imp­fung erhal­ten sol­len. Nach Aus­kunft des Ver­eins Selbst­be­stimm­tes Woh­nen im Alter (SWA e. V.) sorgt aber der Umstand, dass ein­zel­ne Bewohner*innen noch Auf­for­de­run­gen für eine Ter­min­ver­ein­ba­rung in exter­nen Impf­zen­tren erhal­ten, für Ver­wir­rung. Der Ver­ein will dies mit der zustän­di­gen Senats­ver­wal­tung abschlie­ßend klären.

Offene Fragen

Geklärt wer­den muss außer­dem, wie Men­schen geimpft wer­den sol­len, die als Pfle­ge­be­dürf­ti­ge bett­lä­ge­rig oder so immo­bil sind, so dass für sie ein Trans­port zum Impf­zen­trum nicht mög­lich und sinn­voll ist. Ange­mes­sen wäre hier eine Imp­fung durch mobi­le Impf­teams oder durch Fach­pfle­ge­kräf­te, die täg­lich in dem Pfle­ge­haus­halt wir­ken. In die­sen Fäl­len müss­te geklärt wer­den, ob Imp­fen eine ärzt­li­che Vor­be­halts­auf­ga­be ist und davon Aus­nah­me­re­ge­lun­gen erlas­sen werden.

Auch die Imp­fung der vie­len in Pfle­ge­haus­hal­ten leben­den Haus­halts­hil­fen und Pfle­ge­kräf­te, die sel­ten die deut­sche Staats­bür­ger­schaft besit­zen und oft auch nicht in Deutsch­land ver­si­chert sind, ist eine wich­ti­ge offe­ne Fra­ge. Nach der aktu­el­len Impf­ver­ord­nung ist nur die Imp­fung einer engen Kon­takt­per­son der/des pfle­ge­be­dürf­ti­gen Bürger*in vor­ge­se­hen. Als sol­che wer­den sich ver­mut­lich Ange­hö­ri­ge sehen, obwohl die aus­län­di­sche Haus­halts­hil­fe den enge­ren Kon­takt hat und in der Regel auch die Woh­nung ver­lässt, um z. B. Ein­kau­fen zu gehen.

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