Zwei Tage wurde über Solidarität vor Ort, Selbst- und Mitverantwortung und den Generationen-Konflikt diskutiert. Neben Promis wie Henriette Reker, Oberbürgermeisterin von Köln und Prof. Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie in Heidelberg waren vor allem Menschen aus der Praxis eingeladen.
Christoph Zeckra, Gesamtverantwortlicher des Generali Zukunftsfonds, beschrieb zunächst die zunehmende Spaltung in der Gesellschaft. Die Mittelschicht habe Angst vor dem Abstieg, das Misstrauen gegenüber etablierten Medien würde wachsen – genauso wie gegenüber der etablierten Demokratie. Statt von Überalterung sprach er von Unterjüngung, die man nicht ändern könne – aber durchaus die Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die kurzartige Denke in Wahlperioden schade bei der Diskussion. „Wir müssen lernen mit Verknappung umzugehen, nicht mehr mit Überfluss.“ Der Ex-Verfassungsrichter Professor Udo di Fabio ergänzte, dass der Staat so viele Einnahmen wie nie zuvor habe und trotzdem gäbe es keinen Zukunftsglauben.
Werner Klöckner, Bürgermeister der Gesamtgemeinde Daun, hat die Erfahrung gemacht, dass man Menschen vor allem über Gefühle erreichen könne. Er macht deshalb regelmäßig Exkursionen zu den politischen Brennpunkten in seiner Gemeinde und organisiert Zukunftskonferenzen in den Dörfern, an denen Menschen zwischen 8 und 85 teilnehmen. Sein Ziel: Sorgende Gemeinschaften, generationenübergreifendes Miteinander, Caring Communities.
Immer wieder wurde kritisiert, dass Bürger*innen in vielen Bereichen die Verantwortung für das Miteinander abgegeben hätten und diese Rolle dem Staat überlassen wollten. Ex-Familienministerin Professorin Lehr mahnte, dass Verantwortung nur gelernt werden könne, wenn man sie vorher übertragen bekomme. Sie wünschte sich eine Gemeinwohl-Ökonomie mit Gütesiegel – ein heiß diskutiertes Thema in den USA, wie sie sagte.
Henriette Reker setzt in Köln auf Stadtgespräche, um Bürger*innen als Expert*innen zu hören, im direkten Gespräch.
Gerade hat er eine Studie gemacht mit Hochbetagten und jungen Menschen. Für die Älteren sei es sehr schön, wenn sie etwas weitergeben könnten an die Jungen, dann könnten sie auch mit dem Tod besser umgehen – auch wenn die Angst davor mit zunehmendem Alter nicht kleiner würde. Und die Jüngeren hatten tatsächlich das Gefühl, an den Erlebnissen der Älteren teilhaben zu können, was sie als sehr bereichernd empfanden.
Susanna Fassbind, Mitgründerin des schweizer Vereins KISS (keep it small and simple, verwaltet Zeitguthaben) hilft anderen, Seniorengenossenschaften zu organisieren und liefert dafür u.a. gratis Webseiten.
Loring Sittler stellte zum Abschluss fest, dass gesundes Älterwerden ohne Frieden und ein gut funktionierendes Gesundheitssystem nicht möglich sei, dass 15% der Älteren schon jetzt über die Altersgrenze hinaus arbeiten würden – und dass das auch der beste Weg sei, die Renten langfristig zu finanzieren. Ein wünschte sich, dass die Menschen vor Ort anfingen, ihr Leben zu gestalten. Der Staat müsse lediglich die Rahmenbedingungen dafür schaffen.Zum Schluss flossen doch noch Tränen, Loring Sittler geht in den Ruhestand. Wird aber weiter aktiv sein – und würde auch zu uns nach Hamburg kommen, um an Diskussionsrunden teilzunehmen. Und er hat viel zu sagen!